PARTNER HUND MAGAZIN
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Hallo Hundemensch
José Arce hat sich schon lange im deutschsprachigen Raum einen Namen als Hunde- und Menschenversteher gemacht. Sein Wissen teilt er in Workshops, Seminaren und mehreren Büchern. Paula Scheube hat mit dem sympathischen Spanier gesprochen.
Die Mittelmeerinsel Mallorca ist das Zuhause von José Arce.
Hier lebt der 49-Jährige, hier schreibt er seine Fachbücher mit Fokus auf der Mensch-Tier-Beziehung und hier entspannt er nach den verschiedensten Lehr-Aufenthalten in Deutschland, der Schweiz und Österreich.
Wer ist José Arce?
Ich bin ein Mensch, der gerne lebt. Ich bin auf Mallorca geboren und aufge- wachsen. Meine Familie ist sehr, sehr groß und mit der verbringe ich gerne viel Zeit. Ich esse, schwimme und reise gern und liebe die Natur. Aber nicht, wie viele Leute denken, nur das Grüne – ich kann mich auch in einer Fußgängerzone in der Stadt in der Natur fühlen. Früher hatte ich viel mit Tourismus zu tun und war unter anderem Flugbegleiter. Aber meine Vision war es schon immer, Menschen mit ihren Hunden zu helfen.
Ich mag die Energie der Menschen, ihre Kanten und auch ihre Probleme. Ich liebe es zu beobachten, wie die Tiere sich im Menschen spiegeln, ob Hund, Pferd, Gans, Katze ... sie zeigen uns, wie wir wirklich sind. Mir ist bewusst, dass ich in der Offentlichkeit stehe, aber auch da bin ich so, wie ich bin. Ich verstelle mich nicht.
Wie bist du darauf gekommen, das zu machen, was du jetzt tust? Ich hatte als Jugendlicher schon die Nase voll, in den Nachrichten zu hören, dass ein Hund eingeschläfert wurde, weil er ein Kind gebissen hat. Das hat mich immer irritiert und ich wollte helfen.
Mein erstes Projekt war ein Hunde- Rehabilitationszentrum und 2008 ging es dann weiter mit Menschen, die Probleme mit ihren Hunden hatten. Es gab damals auf der Insel kaum jemanden, der mit den Besitzern trainierte, das war aber für mich wichtig. Ich muss nicht den Hund trainieren, sondern mit dem Mensch arbeiten.
Die Bezeichnung „Hundetrainer“ magst du nicht, du bevorzugst „Mensch-Hund-Therapeut“, warum? Meine Passion sind Hunde und Menschen. Ich mag keine Etikettierung und wenn ich gefragt werde, was ich mache, dann sage ich das auch so. Warum muss ich irgendetwas sein? Ich sehe meine Leistung darin, den Menschen mit ihren Hunden zu helfen. Ich liebe es, Menschen zu beobachten, wie sie mit ihrem Hund umgehen, ohne den Menschen zu modellieren. Natürlich braucht es eine Methode, ich habe selbst eine entwickelt, um Menschen einen roten Faden zu bieten, aber jeder ist so individuell – da kann man nicht EINE Methode auf die Beziehung stülpen. Es geht ja immer nicht um mich, es geht um die Hundebesitzer – jeder ist in der Lage eine gute Beziehung zu seinem Hund zu haben. Man muss es nur rausholen, was der Mensch in sich hat – und das macht mir Spaß.
Was ist dein Weg?
Ich gebe Hilfe zur Selbsthilfe. Es geht zunächst um Gefühl und Struktur, wenn man mit Menschen arbeitet. Es geht auch darum, den Hund zu verstehen, ihn Hund sein zu las- sen und um Verlässlichkeit. Vor allem Ruhe ist im Umgang mit dem Hund wichtig. Es geht um einen Dialog und um Freiwilligkeit, nicht ums Beherrschen des Hundes. Ich wünsche mir, dass mit dem Tier umgegangen wird, wie es das verdient hat. Die wenigsten Men- schen wissen, was einen Hund wirklich ausmacht – das erkläre ich natürlich, aber ansonsten geht es bei mir um den Besitzer, dass er dem Hund Sicherheit gibt und ihn gut führt. Es geht immer um die harmonische Mensch-Hund- Beziehung und die ist sehr individuell, denn jeder Mensch ist anders und jeder Hund ist es auch.
Was triggert dich?
Ich rege mich auf – natürlich in einer guten Art, die mich auch motiviert, etwas zu ändern – wenn ich das Gefühl habe, dass Menschen nicht lernen und die gleichen Fehler machen, wie vor 30, 40 Jahren. Dann denke ich mir, das kann doch nicht wahr sein – bei so vielen Büchern, dem Fernsehen und Zeitschriften. Wir Menschen sind so stolz auf uns selbst und egoistisch, was einerseits ja auch gut ist, aber in der Beziehung zu einem Hund sollte man das nicht sein. Oder, wenn jemand sagt, dass er Dinge schon immer so macht und nicht dazulernen möchte – auch, wenn es überholt ist. Sowas ärgert mich ein bisschen, wenn ich das sehe. Aber gerade das sind auch die Menschen, denen ich dann gerne helfe. Es ist so ein schönes Gefühl, wenn ich das Beste, was ein Mensch hat, aufwecken kann. Ähnlich wie ein Koch, der gerne zusieht, wie Menschen seine Speisen genießen.
Was fasziniert dich an Hunden?
Die Ehrlichkeit, dir zu folgen, dich zu lieben, dich anzugucken, dich zu genießen. Das machen sie leider auch, wenn du schlecht zu ihnen bist – das macht mich traurig. Wenn du mit ihnen zusammen bist ... dieses Gefühl, lebendig zu sein, dass sie dir geben. Wenn ich mit meinem Hund an der Leine gehe, auch in der Stadt, dann ist es wie ein Tanz. Hunde erden mich. Ich mag es, dass sogar Babys eine tolle Beziehung zu Hunden haben können – sie gehören einfach zu uns Menschen dazu.
Hast du Wünsche an unsere Leser?
Ja, ich habe viele Wünsche ... wenn Ihr Meinungen von anderen Leuten, auch von Profis, auch meine, hört, dann nehmt das bitte nicht immer gleich an. Verlasst euch auf euch und werdet nicht immer so schnell Fan von Jemandem. Das finde ich tragisch. Jeder Profi erzählt seine Erfahrungen, aber lasst euch nicht zuquatschen, sondern fühlt rein und bildet euch eure eigene Meinung. Geht euren eigenen Weg. Habt Geduld mit eurem Hund – Geduld ist sehr, sehr wichtig. Viele Hundebesitzer wünschen sich einen Hund, der sie versteht, gut an der Leine läuft und gut zurückkommt, wenn man ihn ruft. So ticken Hunde nicht. Man muss auch zusammenwachsen und daran arbeiten – das dauert eine Weile, das macht das Leben aus. Fehler gehören auch dazu, das ist nicht schlimm.
Fast jeder nimmt sich einen Hund aufgrund der Optik – davon kommt man nicht weg, aber schön wäre es, man würde zumindest hinschauen, was hinter der Rasse steckt. Wenn du dir einen Husky genommen hast, dann solltest du über die Rasse lernen. Wenn du ein bisschen dazu in der Lage bist, zu lernen und dich zu öffnen, dann wirst du es schaffen. Dieses Gefühl möchte ich den Menschen geben. Kein Mensch hat keine Ahnung.
Dieses ausgesprochen lange Interview mit zirpenden Grillen im Hintergrund war eine große Freude und Bereicherung. Ich fühlte mich ein wenig wie Luzie von den Peanuts, die vor Schröders Klavier lag und den Erzählungen im spanischen Akzent lauschte. José hat viel zu sagen und man merkt ihm die Leidenschaft für seine Berufung an. Er ist so positiv und mitreißend, Feuer und Flamme für Mensch und Hund, feinfühlig, berührend, offen, ehrlich, kompetent und immer wieder abwägend. Ich habe Lust auf mehr bekommen und freue mich in Kürze bei einem seiner Online- Seminare, die er neuerdings vermehrt anbietet, teilnehmen zu dürfen und seinen Ausführungen zu lauschen.
INTERVIEW: PAULA SCHEUBE
PARTNER HUND MAGAZIN 2024